Das Thema Landschaft im Werk Franz von Stucks war bisher wenig bekannt. Der Künstler selbst verwendete die Landschaft bevorzugt als Stimmungsmittel und nur selten als eigenständiges Motiv für seine Gemälde. Auch als Schöpfer einzigartiger Raumkunst denkt Stuck wie ein Maler. Er beherrscht ein raffiniertes Wechselspiel von Innen und Außen. Einmalig ist etwa seine Erinnerung an illusionistische Architekturmalerei im Stile pompeijanischer Villen, die im Musiksalon seiner Villa den Blick auf Garten und nächtlichen Sternenhimmel öffnet.
»Die Landschaften eines Franz Stuck zeigen, abgesehen von seinen reinen Landschaften deren er nur wenige gemalt hat, die Landschaft ... als Stimmungsmittel für Ideen.« (Alfred Koeppen, 1902) Stuck widmete sich erstmals um 1890 in Landschaftsstudien der Freilichtmalerei. Der junge Künstler hielt sich zeitweise in der Künstlerkolonie in Osternberg auf und begab sich mit seinen Kollegen zum Malen ins Freie. Die neue Landschaftsauffassung der Impressionisten bildete die Grundlage - der Landschaftsausschnitt, der Eigenwert der Farbe, die summarische Wiedergabe der Objekte und das Atmosphärische des Augenblicks. All dies wird im Geist der Zeit symbolistisch überhöht. Stuck malte in dieser Zeit mehrfach Landschaften, die er nach wenigen Jahren aber gänzlich beiseite ließ und erst um 1917 wiederaufgriff. Als Hintergrund für Faune und Kentauren bezeichnen Landschaftsausschnitte in einer Vielzahl von Gemälden Stucks einen arkadischen Naturzustand oder beinhalten christlich-allegorische Anspielungen. Daneben entstehen immer wieder Stimmungsbilder bei Dämmerung und Sonnenuntergang, Gewitter-, Sturm-, und Herbstlandschaften sowie Nachtlandschaften mit Sternenhimmel. Stucks Gemälde »Der Abendstern«, vor 1912, ist eng verwandt mit Edvard Munchs »Sternennacht«, über die derselbe 1895 sagt: »Die Gemälde sind Stimmungen, Eindrücke des Seelenlebens, und zusammen stellen sie einen Aspekt des Kampfes zwischen Mann und Frau dar, der Liebe genannt wird.« In seinen reifen Werken wie der »Regenbogenlandschaft«, um 1927, schließt Stuck wieder an den Themenkomplex seiner frühen Phase an; die Landschaften, die seine Herkunft markierten, scheinen in diesen Bildern noch einmal auf.
Neue Dauerleihgabe im Museum Villa Stuck
Zeitgleich mit der Eröffnung der Ausstellung vergrößert sich die Sammlung des Museums Villa Stuck um ein weiteres Werk von Franz von Stuck, den Delphinreitenden Eroten, entstanden um 1912.
Die Bedeutung des Delphins in der Kunst seit der Antike ist Ausdruck seiner überaus positiven Besetzung in der Mythologie. Der Delphin ist ein vielseitiges Symbol. Er wird als äußerst intelligentes, menschenfreundliches und bewegliches Tier beschrieben. Bewundert wurde er in der antiken Kultur vor allem wegen seiner Schnelligkeit, seiner Luftsprünge und geistigen Fähigkeiten. Er wurde als König der Meeresbewohner angesehen. Zahlreiche Schiffbrüchige soll er vor dem Ertrinken gerettet haben.
Bei den Griechen und Römern galten die Delphine als göttlich, der Delphinreiter gar als Sinnbild für die Todesüberwindung, war es doch der Delphin, der nach antiker Vorstellung die Seelen ins Jenseits trug. Amor und Delphin verweisen darüber hinaus auch auf Venus, die Göttin der Liebe und der Schönheit, die der Legende zufolge aus dem Schaum des Meeres geboren wurde. Der Delphin soll sie nach ihrer Geburt an Land gebracht haben. Aufgrund dieser Vorstellung dient er auch als Symbol der Liebe.
Das Gemälde steht in enger Beziehung zur Großplastik der „Venus Medici“ im Vestibül der Villa Stuck, die von einem Delphinreitenden Eroten gestützt wird.