Hector GuimardLe Castel Béranger und Metropolitain Bolivar -

Katalog von Jo-Anne Birnie Danzker
Katalog von Jo-Anne Birnie Danzker

Eine Ausstellung des Museums Villa Stuck in Zusammenarbeit mit der Neuen Sammlung, Staatliches Museum für angewandte Kunst, München.

Zu Hector Guimards Hauptwerken zählt das Pariser Wohnhaus Castel Béranger mit seinen 36 Einheiten. Guimard konnte seine Bauherrin, die Witwe Mme. Élisabeth Fournier, überzeugen, einen ersten mehr historisierenden Entwurf zugunsten eines art du geste abzuändern. Offenbar löste eine Begegnung Guimards mit dem belgischen Architekten Victor Horta eine grundlegende Neukonzeption des Gebäudes aus.

Mit dem Castel Béranger fand Guimard jedoch zu einer Architektursprache, die von der zeitgenössischen Kritik nur schwer eingeordnet werden konnte. Nicht zuletzt deshalb lehnten manche seiner Zeitgenossen das Bauwerk radikal ab. Einige von ihnen nannten es gar „la maison des Diables“ (das Haus der Teufel). Der Leiter des Verlags Librairie Rouam et Cie, G. d´Hostingue, betonte im Vorwort zu Guimards Bildband über das Haus, daß sich im Castel Béranger nicht nur „ein zeitgenössischer französischer Stil“, sondern vielmehr eine „revolutionäre Auffassung von Baukunst und Dekoration“ herauskristallisiere.

Zwei Künstler erkannten die Erneuerung in Guimards als Architektur getarnter Bildhauerkunst. Salvador Dali verdanken wir die Wiederentdeckung Guimards in den dreißiger Jahren. Der Surrealist beschrieb Guimards abstrakte Formen als „hartgewordene Wogen gemeißelten Wassers mit photographischer Betonung des Momentcharakters“.

Aber auch ein zeitgenössischer Künstler, der Impressionist Paul Signac, der sein Atelier im Castel Béranger hatte, war beeindruckt von dem Gebäude. Er betonte, es sehe „eher wie das Werk eines Rationalisten aus, wie die Frucht eines immerwachen Geistes, eines logischen Denkablaufs, der sich durch nichts ablenken läßt“.

Die Pariser Métrostationen waren ein idealer Auftrag für Guimard. Sie gaben ihm die Möglichkeit beide Aspekte seines Werkes zu vereinigen, - aus einem Gebrauchsgegenstand wurde ein Kunstgegenstand. Dali erschienen sie, wie James Grady 1969 schrieb, als „das perfekte Symbol geistiger Würde“, als herrlicher Schmuck auf den gräßlichen Straßen. Die Métroeingänge, diese phantastischen Gebilde einer Metamorphose aus Architektur und Natur mit ihren abstrakten Ornamenten, gaben dem französischen Jugendstil zeitweise den Namen Style Métro.

Das Museum Villa Stuck ist aus mehreren Gründen prädestiniert für diese Ausstellung. Zum einen wurde hier 1975 die erste in Deutschland dem Werk Hector Guimards gewidmete Ausstellung gezeigt. Zum zweiten ist das Museum in einem anderen Gesamtkunstwerk - der Villa Stuck - untergebracht. Dieses wurde vom Münchner Künstlerfürsten im gleichen Jahr, nämlich 1898, fertiggestellt wie das Castel Béranger. Zudem beruht das Renommee beider Bauwerke auf ihrem skulpturalen und dekorativen Programm, auf ihrer Innendekoration sowie insbesondere auf dem Bemühen um eine organische Verbindung von Leben, Kunst und Architektur in einem plastischen Gebilde.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildeter Katalog von Jo-Anne Birnie Danzker, mit verschiedenen historischen Aufsätzen, einem Text über die Métrostation Bolivar von Dr. Josef Straßer und zahlreichen farbigen Abbildungen, die das Gesamtkunstwerk „Castel Béranger“ dokumentieren.