In München wurde die Ausstellung und die begleitende Publikation von der Landeshauptstadt München finanziert und von der Süddeutschen Bodencreditbank AG, München großzügig gefördert.
„Ich will nicht,“, sagt Yoko Ono, „daß mich irgendein Medium einschränkt“. Schon früh begriff sich die inzwischen 65jährige als grenzüberschreitende Avantgarde- und Performancekünstlerin. Ganz selbstverständlich bediente sich die zur Kultfigur ge-wordene Künstlerin verschiedenster Ausdrucksformen und -mittel. „Crossover“, ein Schlagwort aus der jugendlichen Ereigniskultur und der Musikszene, war für die Tochter eines japanischen Bankers von jeher keine Frage. Auf provokative Weise ver-bindet sie in ihrem einmaligen Werk, über einen Zeitraum von fast vierzig Jahren, Mu-sik, Klangcollagen, Performance, Lyrik, Film und avantgardistische Konzeptkunst.
Die Ausstellung „Yoko Ono - Have you seen the horizon lately?“ im Museum Villa Stuck zeigt ihre vielschichtigen Arbeiten von den frühen sechziger Jahren bis in die Gegenwart. Zusätzlich werden einige ihrer experimentellen Filme gezeigt sowie ein Musikraum eingerichtet, in dem ihre CDs gespielt werden. Einige Werke wurden von ihr speziell für diese Retrospektive entworfen. Wie etwa die Installation Cleaning Piece, ein künstlich angelegtes Flußbett. Es versinnbildlicht ein Symbol aus dem Bud-dhismus, nämlich den Todesfluß Sanzu. Damit verdeutlicht die Künstlerin erneut den nachhaltigen Einfluß japanischer Kultur auf ihr Werk. Immer wieder war sie aber auch bestrebt mit ihrer Kunst, wie sie es nannte, eine „geistige Reinheit“ auszudrücken. So auch in ihrer jüngsten Installation Morning Beams von 1997, die ebenfalls eigens für die Ausstellung entstand.
Die Ausstellung fordert den Besucher auf, nicht nur scheu Kunst zu betrachten. Hemmschwellen gegenüber der „hehren“ Kunst baut Yoko Ono bewußt ab. Das Erle-ben steht im Vordergrund. Sei es der Wishtree vor dem Eingang des Museums Villa Stuck, an dem jeder seinen Wunschzettel aufhängen kann, oder die Steine aus dem künstlich angelegten Flußbett ihrer Installation Cleaning Piece. Hier kann jeder je nach Stimmung seinen Stein entweder in das Quadrat „Sorrow“ oder „Joy“ legen. Wer Lust hat Schach zu spielen, wird aufgefordert: Play It By Trust. Und last but not least klin-gelt ab und zu das Telefon und Yoko Ono ruft an. Wer Glück hat, kann sich persönlich mit ihr unterhalten.
Ein Blick durch den vergoldeten Rahmen von Franz Stucks Meisterwerk Die Sünde eröffnet dem Besucher zusätzlich neue Sehweisen: Painting To See A Room Through nennt Yoko Ono ihre Installation.
Wie Kunst übliche Rahmen sprengt, zeigt ihre Aktion: Toilet Thougts. Während die Ausstellung läuft, lohnt sich in Münchens Kneipenszene der Gang zur Toilette. Denn ihr Plakat aus dem Film Bottoms - die nackten Hintern der damaligen Londoner Avant-garde-Szene - wird dann die Wände zieren. Jeder ist eingeladen seine speziellen Krit-zeleien darauf zu verewigen.
Biographie
Yoko Ono wurde am 18. Februar 1933 in Tokio geboren. Durch den Beruf ihres Vaters - er arbeitete für die Yokohama Specie Bank - lebte die Familie 1936/37 und 1940/41 in San Francisco und New York, entschloß sich jedoch dann, nach Japan zurückzukehren.
Nach dem Krieg studierte Yoko Ono zunächst an der renommierten Gakushuin Schule; ab 1952 an der Gakushuin Universität. Berufliche Gründe des Vaters führten die Familie 1953 wiederum nach Amerika. Yoko Ono nahm an der Havard University „Summer School“ ein Musikstudium auf. Im Alter von 23 Jahren wechselte sie für Philosophie und Komposition an das Sarah Lawrence College.
1956 heiratete sie den japanischen Avantgarde-Komponisten Toshi Ichiyanagi und bezog mit ihm ein Loft in New York. Von Dezember 1960 bis Juni 1961 wurden in ihrem Loft die legendären Performances aufgeführt, die den Ausgangspunkt von Fluxus bildeten. Zum Publikum gehörten Marcel Duchamp, George Maciunas, John Cage, Max Ernst und Peggy Guggenheim.
Für ihre erste Ausstellung im Jahr 1961 konnte Yoko Ono die AG Galerie von George Maciunas gewinnen. Im selben Jahr gab sie auch ihre erste Performance in der Carnegie Recital Hall. Von 1962 bis 1964 lebte die Künstlerin wieder in Japan. Dort fanden mehrere Performances im Sogetsu Art Centre, Tokio, und in der Yamaichi Concert Hall, Kioto statt. Mit ihrem zweiten Ehemann Anthony Cox und ihrer 1963 geborenen Tochter Kyoko kehrte Yoko Ono im November 1964 für fast zwei Jahre nach New York zurück.
Einen Markstein in Yoko Onos Künstlerkarriere bildete die Einladung, sich an dem 1966 von Gustav Metzger organisierten richtungsweisenden Destruction of Art Symposium in London zu beteiligen. Kurz darauf hatte sie in der Indica Gallery ihre erste Ausstellung; bei deren Eröffnung lernte sie John Lennon kennen. Im Jahr danach gab sie mehrere Perfomances und Konzerte in England und stellte in der renommierten Londoner Lisson Gallery unter dem Titel: Half-a-Wind aus.
1971 lud sie anläßlich einer Retrospektive ihrer Arbeiten im Everson Museum in Syracuse, N.Y., John Lennon als Gastkünstler ein. Dessen angereiste Fangemeinde machte die Ausstellung jedoch zu einer „Zirkusvorstellung“. Yoko Ono weigerte sich daraufhin viele Jahre lang, ihre Werke in Galerien und Museen zu präsentieren. Vielmehr konzentrierte sie sich auf ihre Performances, Filme, Musik, Lyrik, Zeichnungen und Collagen. Ihre erste Museumsausstellung fand 1988 anläßlich des 75. Geburtstages von John Cage in Cincinatti statt.
In den neunziger Jahren kreierte Yoko Ono einen Werkkomplex aus Objekten und Installationen, der offensichtlich an ihr Frühwerk anknüpft und gleichzeitig das diesem zugrundeliegende politische, feministische Bewußtsein neu interpretiert.
Katalog
Es erscheinen ein Begleitheft zur Ausstellung in deutscher Sprache mit einer Einführung von Jo-Anne Birnie Danzker, hg. vom Museum Villa Stuck und ein Katalogbuch in englischer Sprache mit Texten von Yoko Ono und einer Einführung von Chrissie Iles, hg. vom Museum of Modern Art, Oxford.